konzept für
intermedial
 

im zuge einer auflösung des geheimnisses zwischen den kontrasten des pulsierenden lebens im öffentlichen und privaten kontext geraten scheinbar definierte räume zu zwischenräumen, und vermeintliche bekannte offene strukturen bekommen einen rahmen des unantastbaren, schützenswerten.

moderne techniken des erzählens und des berichtens treffen auf vorhandene, gewachsene stukturen, erhellen sie oder fokussieren manipulativ bis zur absoluten reduktion auf das wesentliche.

temporäre situationen brennen sich auf mauern ein und lebende objekte erscheinen in neuen blickwinkeln, ohne den zwischenraum zu betreten oder je verlassen zu haben.

fragestellung:


räume sind volumina, definiert durch ihre grenzen, aber wie definieren sich zwischenräume?

erste antwort:

sie sind überall, sie springen einen förmlich an, sie erobern räume, sie stillen bedürfnisse, sie ermöglichen innovationen und manche etablieren sich so gut, dass sie kaum noch als solche zu erkennen sind.

aber sind sie überall gleich, oder: was macht die unterschiede aus?
wieweit ist unser horizont zu europäisch geprägt, was ihre wahrnehmung und nutzung angeht?

vorbereitung:

reflektion der bereits realisierten reisen:

  • die einsamkeit und das kulturelle erbe der inkas südamerikas (5 monate 1998)
  • immer wieder das europa mit der mich zu erst prägenden kultur (29 jahre)

feststellung, dass ein weiterer blickwinkel notwendig ist, um antworten zu finden:

  • die suche nach der fülle, dem überfluss, der unglaublichen dichte an menschen, kulturen und gesellschaftsformen in einem wirtschaftlich aufstrebenden land, welches einen deutlichen kontrast zwischen arm und reich aufweist  
  • indien, der grösste und schönste 'scheisshaufen der welt' (8 monate)

reisen durch indien:

also habe ich mich auf eigene initiative für 5 monate nach indien auf studienreise begeben.

das land bereiste ich primär mit dem fahrrad, teilweise auch mit dem zug und der bahn.

ich habe mich für diese art des reisens entschieden, da es mir in der vergangenheit bereits gezeigt hat, dass es der beste weg ist, um mit den einheimischen in kontakt zu kommen. man wird nicht als einfacher tourist links liegen gelassen, sondern man kommt ins gespräch und wird ernst genommen, dass man an dem land der kultur und dem einzelnen menschen interessiert ist.

dieses bewahrheitete sich auf dieser reise auch wieder. so habe ich einen tiefen einblick in die kulturen, die menschen, die einzelnen schichten und einkommensklassen vollziehen können. mir wurden die klüfte zwischen den verschiedenen kulturen, aber auch zwischen arm und reich deutlich aufgezeigt. so nächtigte ich sowohl bei einfachen bauern auf dem land im schuppen, als auch bei autoren und produzenten von bollywood-filmen, mit denen ich weihnachten und silvester feierte. ich wurde in diskussionen über religion, geschichte, kunst und kultur verwickelt. und dabei traf ich auf die grösste dichte von unterschiedlichen standpunkten, die mir je in einem land entgegen gebracht worden sind.

leider ist mir der blickwinkel der frauen nicht so einfach zugänglich, denn indien besitzt noch immer eine männlich dominierte gesellschaftsstruktur.

neue fragen:

auf dieser suche nach eindrücken, ähnlichkeiten und kontrasten, nach den schönen und auch den unangenehmen bildern, treten konkretere fragen zum thema zwischenräume auf:

  • wodurch entstehen sie?
  • wohin führen sie?
  • brauchen wir sie?
  • wer nutzt sie?
  • ist kapital aus ihnen zu machen?
  • was für eine bedeutung haben sie für die architektur?
  • was passiert, wenn wir sie verdrängen, bereinigen oder kommerzialisieren?
  • wo sind die unterschiede zu europa, zum rest der welt?

arbeitshypothesen:

  • da ich nicht alle fragen zum thema restlos beantworten kann, muss ich mein differenziertes verständnis für diesen sachverhalt, das auf meinen fundierten und ausführlichen recherchen basiert, authentisch vermitteln.
  • die arbeit muss zum nachdenken anregen, denn nur mit einem eigenen bewusstsein und einem offenen blick auf die zwischenräume ist ihre funktion und qualität wahrzunehmen. erst so erschließen sich dem betrachter die in ihnen versteckten potenziale.
  • dieses ist aber nicht nur für die architekten an der haw hamburg interessant, sondern genauso für die hiesigen kollegen.
  • eigentlich ist für jeden der bewusste oder veränderte blick auf die zwischenräume ein gewinn, auch wenn er häufig eher nachdenklichkeit als erkenntnis erzeugen wird.
  • kontraste sind notwendig, um etwas deutlich wahrzunehmen, deswegen sollte bewusst etwas neues in bezug zu dem vorhandenen bestand gesetzt werden.
  • erst der diskurs und der transfer in andere bereiche macht eine arbeit wirkungsvoll, so ist der kulturelle austausch ein fester bestandteil der arbeit, und weitergehende präsentationen in anderen städten sind notwendig.
  • eine performance mit raumgreifender installation, animierten projektionen und musik scheint mir ein gutes mittel, um dies umzusetzen und die gewohnten sichtweisen aufzubrechen.

konkrete projektidee:

da das projekt sich mit dem zwischenraum auseinandersetzt, bin ich der meinung, dass es auch konsequenterweise darin inszeniert werden sollte.

da der strassenraum den größten teil dieses zwischenraums in indien
aufnimmt, erscheint mir dieser als der beste ort für die aufführung.

desweiteren ist es mir wichtig die kontraste zwischen alten und neuen strukturen sowie dem kontrast zwischen reich und arm aber auch westlich geprägtem und kulturell verhafteten zu beleuchten.

meine recherche ergab,dass diese in mumbai am deutlichsten auf engem raum zu finden ist, deswegen entschied ich mich für diese stadt als aufführungsort.


die aufführung soll mit den gewohnten sichtweisen brechen, um einen anderen blickwinkel für den zwischenraum zu entwickeln. deswegen soll es eine raumbühne sein, also keine guckkasten-bühne, wie wir es aus dem kino oder aus klassischen theatern gewohnt sind, auf der die performance stattfindet. deswegen plane ich, eine installation auf einem lastwagen zu arrangieren und mit dieser durch die strassen mumbais zu fahren und die projektionen mit beamern in den strassenraum zu projizieren.


da kontraste es erst ermöglichen wahrzunehmen, verändere ich mit der installation und den projektionen das gewohnte bild des zwischenraumes. dabei werde ich schwerpunkte setzen, fremdkörper einfügen, oder einfach eine reduzierte wahrnehmung des gewohnten erzeugen. in momenten des   stillstands werden interviews die unterschiedlichen auffassungen beschreiben, um   dann wieder in abstrakten strukturen den zwischenraum und seine bewohner für sich selbst sprechen zu lassen.

es wird ein begleitendes musikprojekt zu meiner arbeit geben. dieses wird von arun gauri, einem komponist für moderne musik, wohnhaft in   deutschland, jedoch mit indischer abstammung, in zusammenarbeit mit thomas von peskatore, einem sounddesigner, produziert.

die uraufführung findet in einem zwischenraum in hamburg statt, um dann in den indischen transformiert zu werden. wahrscheinlich wird es zu diesem zweck noch zu einer zusammenarbeit mit hiesigen musikern kommen

diese synthese aus musik und animation wird ein komplexes, jedoch völlig neu beleuchtetes bild von dem zwischenraum erzeugen, welches sich dann mit einer aufführung in hamburg weiterentwickeln wird.

das resultat werden viele unterschiedliche blickwinkel auf diese arbeit sein

  • zufällige passanten
  • anwohner
  • strassenverkehr
  • in autos folgende zuschauer

werden beobachten und selbst mit eingebunden.

mit etwas mehr abstand werden es die menschen erfahren, die es

  • möglicherweise als live-übertragung im internet sehen
  • später als aufzeichung in der ausstellung an der hcu- hamburg und in der galerie KuBaSta - Raum für Kunst Bauen Stadtentwicklung betrachten.

ein eindeutiges ziel:

das publikum wird dazu angeregt, die präsentierten bilder und angerissenen situationen und veränderte wahrnehmung des raumes mit den eigenen erfahrungen zu lebensgeschichten weiter zu stricken, und so einem bleibenden eindruck mit in die eigene privatsphäre zu tragen. im einfachsten fall wird er das erlebte als erfahrung ablegen, aber hoffentlich häufiger dieses mit sich selbst und anderen zu diskutieren und die gewonnen neuen blickwinkel zu nutzen.

beweggründe:

intermedial ist der titel des projektes. es geht darum, eine brücke des
verstehens und des interkulturellen austausches mit hilfe moderner
medien des berichtens und präsentierens zu schaffen.

ich habe für mich beschlossen, auf diesem weg mein diplom zu realisieren, da
es mir wichtig ist, die vielschichtigkeit der wahrnehmung aufzuzeigen und zu
zeigen, dass architektur etwas interdisziplinäres ist und eine deutliche
soziokulturelle aufgabe hat.

diese diplomarbeit ist die konsequente fortsetzung und verknüpfung meiner
künstlerischen und architektonischen ambitionen.

so entwarf ich für den gewonnenen(preisgekroenten?) studentenwettbewerb
mme mobiler multifunktionaler einraum der handwerkskammer hamburg bereits
eine skulptur, die sich mit dem zwischenraum und vor allem dessen
veränderung auseinander setzte.

bei den letzten von mir realisierten hochschulprojekten und den
aufführungen, die ich als tutor an der haw-hamburg betreut habe, handelte es
sich um aufführungen mit performance charakter.

die projekte mando/syarch, affecte, strips und vertex waren immer
interdisziplinäre projekte, die einmal mit musikern, dann wieder mit
tänzern oder beidem agierten. sie inszenierten immer eine veränderung der
gewohnten sicht- und hörweisen, wobei eine raumgreifende skulptur und
animationen immer mittel zum ausdruck waren.


darueberhinaus stellte ich bereits als auftakt zu intermedial
leuchtkästen mit dem titel "stadtlandschaften" in der galerie KuBaSta - Raum
für Kunst Bauen Stadtentwicklung in hamburg aus.


also ist die konsequente fortsetzung dieser arbeiten das konzept von
intermedial, das nicht an einen ort gebunden ist, sich jedoch mit der
umgebung auseinander setzt und vor allem diese kritisch belechtet und in
ein neues licht rückt.

 

 

 

 

 

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